20. April 2015

Unter­neh­mens-App: digi­tales Marke­ting­wunder

Viele Kunden nutzen mobile Geräte, um sich zu infor­mieren oder einzu­kaufen. Daher kann sich die Entwick­lung einer App lohnen, die den Kontakt
erleich­tert und inten­si­viert. Aber vor der Program­mie­rung muss die solide Kosten-Nutzen-Rech­nung stehen.

Hand­werk und Digi­ta­li­sie­rung – das ist kein Wider­spruch. Bei der Hone­kamp Haar­moden GmbH im west­fä­li­schen Ahaus dient das Smart­phone als Instru­ment der Kommu­ni­ka­tion und Kunden­bin­dung sowie zur Opti­mie­rung der Abläufe. Die begeis­terte iPhone-Nutzerin Anne Hone­kamp ließ ein Mini­pro­gramm für das Unter­nehmen entwi­ckeln und in die App-Stores stellen. Wer einen Friseur­be­such plant, kann den Wunsch­termin via App auf ihr Smart­phone schi­cken. Sie bestä­tigt per Finger­druck oder nennt eine Alter­na­tive. „Das ist prak­tisch und scheint die Kontakt­be­reit­schaft zu fördern“, sagt Hone­kamp, die sich in dem Fami­li­en­be­trieb um die Orga­ni­sa­tion kümmert. „Wir haben schon im ersten Monat zehn Neukunden gewonnen.“App, kurz für Appli­ca­tion Soft­ware, ist das Synonym für Anwen­dungs­soft­ware auf mobilen Geräten. 2014 wurden in Deutsch­land laut High­tech­ver­band BITKOM 3,4 Milli­arden Apps instal­liert. Auf Smart­phone- oder Tablet-Bild­schirmen erscheinen die Mini­pro­gramme als Pikto­gramm, starten lassen sie sich per Berüh­rung. Auf die einfache Bedien­bar­keit bauen immer mehr Betriebe: Sie ködern Inter­es­senten mit Apps, deren Inhalte und Service­funk­tionen das Firmen­image aufpo­lieren oder die Erfül­lung bestimmter Wünsche erleich­tern.

Für das Unter­nehmen Hone­kamp führte der Weg zur App über eine Verket­tung glück­li­cher Umstände. „Da wir viele junge Mitar­beiter und Kunden haben, war klar, dass wir unseren virtu­ellen Auftritt opti­mieren müssen“, so Anne Hone­kamp. Als wichtig galten die Neuge­stal­tung der Website und ein Face­book-Auftritt. Dafür wurde das Fach­wissen eines Soft­ware­ent­wick­lers aus der Nach­bar­schaft genutzt. Als der anbot, zusätz­lich eine App zu program­mieren, legte dies den Grund­stein für den digi­talen Erfolg. Nach­haltig wurde der jedoch erst durch das persön­liche Enga­ge­ment von Hone­kamp, die den neuen Kommu­ni­ka­ti­ons­kanal nicht nur zur einfa­cheren Termin­ver­ein­ba­rung nutzt, sondern auf diesem Weg auch Inter­es­senten und Kunden über den Betrieb infor­miert sowie Tipps gibt: „Mindes­tens einmal pro Woche poste ich etwas.“ So stellt sie den Kunden beispiels­weise neue Mitar­beiter oder modi­sche Haar­schnitte vor – sie schreibt ein paar Zeilen und veröf­fent­licht das Ganze mit wenigen Klicks über die App.

Beson­ders eine Funk­tion des Mini­pro­gramms kommt gut an: Wer den Laden mit einem Smart­phone betritt, auf dem die App instal­liert ist, wird auto­ma­tisch im Bonus­pro­gramm berück­sich­tigt. „Unsere Kunden sind begeis­tert, dass sie keine Stem­pel­karten hervor­kramen müssen, um von regel­mä­ßigen Besu­chen zu profi­tieren“, hat Anne Hone­kamp beob­achtet.

Inter­es­sante Funk­tionen bieten Die App aus Ahaus ist ein Erfolg. Auch andere Mittel­ständler könnten solche maßge­schnei­derten Mini­pro­gramme nutzen, um Themen zum Kunden zu trans­por­tieren und punk­tuell inter­aktiv zu arbeiten. Trotzdem warnt Professor Wolf Knüpffer, Leiter des eBusi­ness-Lots­en­teams an der Hoch­schule Ansbach, vor über­eilten Entschei­dungen: „Ob man eine Anwen­dung program­mieren lässt, sollte gut über­legt werden, denn sie muss klare Vorteile für die Kunden und/oder das Unter­nehmen bringen.“ Dass dies häufig nicht der Fall ist, legt eine Studie der Markt­for­scher von Loca­ly­tics in Boston nahe. Danach wird jede fünfte App nur ein einziges Mal genutzt. Knüpffer empfiehlt daher eine Stra­tegie der kleinen Schritte.

Unter­neh­mens­in­terne Prozesse lassen sich mit Apps von überall steuern.
Und auch Anwen­dungen für Verbrau­cher haben viel Poten­zial. „Da gibt es clevere Lösungen, um die eigene Produkt­pa­lette aufzu­werten.“

 

Man könne beispiels­weise mit wich­tigen Kern­funk­tionen beginnen, sehen, wie sie ankommen, und die App später erwei­tern: „Der große Vorteil im E-Busi­ness ist ja gerade, dass man mit dem Kunden kommu­ni­zieren kann.“ Die Erfah­rungen mit der App helfen, sie so weiter­zu­ent­wi­ckeln und auszu­bauen, wie es den Nutzern am besten gefällt.

Grund­sätz­lich sieht Knüpffer drei wesent­liche Einsatz­be­reiche für Mini­an­wen­dungen. Außen­dienst­mit­ar­beiter können sie für die Präsen­ta­tion und Bestel­lung von Produkten nutzen, statt mit dicken Kata­logen loszu­fahren. Unter­neh­mens­in­terne Prozesse lassen sich mit Apps von überall steuern. Und auch Anwen­dungen für Verbrau­cher haben viel Poten­zial. „Da gibt es clevere Lösungen, um die eigene Produkt­pa­lette aufzu­werten“, betont Knüpffer. Er denkt dabei etwa an den Heizungs­bauer, der das Smart­phone seines Kunden mittels App zur Fern­be­die­nung der Heizungs­an­lage macht. So lässt sich das Heim bereits von unter­wegs vorwärmen.

Die Kosten im Blick behalten Es muss nicht immer die selbst program­mierte App sein. Gerade für Hotels oder Gast­stätten exis­tieren bereits erprobte Anwen­dungen, über die man beispiels­weise einen Tisch oder ein Zimmer reser­vieren kann. Der Unter­nehmer zahlt nur dann eine Gebühr, wenn eine Buchung zustande kommt. Sich in solche Lösungen einzu­klinken ist für klei­nere Betriebe inter­es­sant, denn die Entwick­lung einer eigenen App will bezahlt sein. „Gute Program­mierer kosten Geld“, so Knüpffer. Die Stun­den­sätze liegen bei rund 85 Euro. Wer bereit ist, so viel zu inves­tieren, sollte zunächst ein Lasten­heft erstellen. Es beschreibt die Anfor­de­rungen an ein Mini­pro­gramm. Als Gegen­stück erstellt ein erfah­rener Program­mierer ein Pflich­ten­heft, in dem er erklärt, wie er die Anfor­de­rungen umsetzen will. „Für die erste Version der App sollte möglichst früh ein Fest­preis fest­ge­setzt werden“, empfiehlt Knüpffer. Denn im Schnitt zahlt ein Unter­nehmer bereits für die Entwick­lung eines einfa­chen Programms 760 Euro. Mehr Tipps gibt die Broschüre „Von der Idee zur eigenen App“ des eBusi­ness-Lotsen Metro­pol­re­gion Nürn­berg, die auf der Website des Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums zum Down­load bereit­steht.

Kosten verur­sacht auch der Vertrieb via App Store. Bei Google Play sind einmalig etwa 20 Euro fällig, bei Apple rund 100 US-Dollar im Jahr. Daher gilt für Professor Knüpffer: „Die Entwick­lung einer App ist eine Entschei­dung, die gut über­legt und kalku­liert sein muss.“

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 01/2015